NK-Beitrag | 07.11.2020

Deutsche Jugend-Meisterinnen sind Piraten-Skipper von der Müritz

Von Jens-Uwe Wegner

In Hamburg mussten die beiden Röbeler Seglerinnen auf der Elbe nicht nur gegen andere Skipper, sondern auch gegen Gezeitenströmung und große Pötte kämpfen.

„Nein, damit hatten wir garantiert nicht gerechnet. Einen Platz unter den Top Ten hatten wir uns erhofft, aber nicht mit dem Deutschen Jugendmeistertitel in der Bootsklasse Pirat gerechnet“, verriet die 16-jährige Daria Vorobyova, als sie gemeinsam mit ihrer 18-jährigen Kollegin Emma Leja im Röbeler Seglerhafen den großen Wanderpokal präsentierte. Denn eigentlich gab es zwei Gründe, die einen Titelgewinn für die Piraten-Seglerinnen vom Röbeler Seglerverein Müritz unwahrscheinlich machten. So war das Regattagebiet auf der Elbe bei Hamburg schon sehr ungewöhnlich für die beiden jungen Seglerinnen, die ja zum Großteil auf der Müritz trainieren.

„Es handelt sich dabei um das Mühlenberger Loch. Das läuft bei Flut voll, so dass man dort segeln kann, bei Ebbe ist das Wasser aber weg, so dass das Zeitfenster für Regatten sehr kurz ist. Vor allen Dingen herrscht dort durch diese Gezeiten immer eine besonders starke Strömung, die man natürlich berücksichtigen muss und die sich ständig ändert“, erklärte Emmas Vater Jörg Leja, Ver- einssportlehrer des Röbeler Seglervereins, der die beiden Jungseglerinnen trainiert. Zudem müsse auf dem Weg zur Regatta und zurück die Elbe überquert werden, wo die riesigen Ozeanschiffe Vorfahrt haben und ebenfalls zu besonderen Strömungsverhältnissen beitragen.

Doch die Mädel waren gut vorbereitet. „Wir haben die vier Tage vor der Meisterschaft gemeinsam mit anderen M-V-Crews für ein Trainingslager genutzt und wurden von meinem Vater und von Andreas Ebel aus Güstrow sehr gut auf diese besonderen Bedingungen vorbereitet“, erzählte Emma Leja. Tatsächlich landeten am Ende von den fünf M-V-Booten vier in den Top Ten bei 25 gestarteten Crews. Eines davon war ihres, das am Ende den erstem Platz belegte. Landeten sie bei der ersten Wettfahrt noch auf dem 3.Platz, war es bei der zweiten schon der 2. Platz. Bei der dritten kamen sie sogar als erstes Boot ins Ziel, aber leider waren sie auch zu früh über die Startlinie gefahren. „Das haben wir erst hinterher mitgeteilt bekommen. Beim Start dachten wir noch,dass es knapp war aber gerade noch so hinhauen würde“, sagte Emma Leja. Nun aber kam der Ehrgeiz auf: „Wir wussten nach den ersten Wettfahrten, dass da was geht. Allerdings durften wir wegen dem Frühstart keinen weiteren Fehler mehr machen, weil nur ein Ergebnis einer Wettfahrt gestrichen werden darf “, erklärte Daria. Und es klappte! Bei wechselnden aber zum großen Teil idealen Windbedingungen kamen noch die Plätze 1, 2, 1,1 und am Ende noch ein 3. Platz hinzu, so dass nach acht Wettfahrten der Deutsche Jugendmeistertitel feststand, und das, obwohl die jungen Skipperinnen erst zum Anfang dieses Jahres in die Bootsklasse Pirat umgestiegen waren.

Zuvor waren sie zwei Jahre lang erfolgreich im 420er-Boot unterwegs gewesen. Und selbst das war schon eine Überraschung. Denn während Emma von Kindesbeinen an die klassische Ausbildung im Opti absolviert hatte und dann in den 420er umstieg, stieß Daria vor zwei Jahren einfach so als 14-Jährige zum Training dazu. „Meine Segel-Partnerin im 420er hatte gerade aufgehört, und eigentlich hatte ich keine Lust, mit einer Anfängerin wieder von vorn zu beginnen. Doch mein Vater erkannte das Talent von Daria, die durch ihre Erfahrungen beim Reiten und beim Tanzen einiges in puncto Koordination ausgleichen konnte, und irgendwie verstanden wir uns von Anfang an“, verriet Emma. „Das stimmt, irgendwie sind wir wie Schwestern geworden.“, pflichtete ihr Daria bei. So konnten sie bei der Meisterschaft in Hamburg auch verkraften, dass im Wohnwagen der Strom ausfiel und es zwei Nächte ziemlich kalt wurde.

Und gibt es schon neue Ziele, die Emma und Daria anvisiert haben? „Natürlich! Im Juli 2021 soll die Jugend-Europameisterschaft in Ratzeburg stattfinden. Und im August steigt dann in der Schweiz die große Europameisterschaft, dafür haben wir uns auch schon qualifiziert. Da wollen wir unbedingt dabei sein und vor allen Dingen viel Spaß haben“, blickt Daria schon auf das nächste Jahr.

Die Regatta meisterten die Röbelerinnen übrigens mit einem Boot, das ihnen die Bootsklassenvereinigung der Piraten für ein Jahr zur Verfügung gestellt hatte. „Wir hatten uns beworben und wurden ausgewählt. So konnten wir in diesem Jahr an acht Regatten teilnehmen, auch wenn wir gern noch mehr gehabt hätten“, sagte Daria. Und muss das Boot nun wieder abgegeben werden, das wäre ja vor den EM-Starts ungünstig? „Wir arbeiten noch an einer Lösung und wollen am besten das Boot übernehmen. Schließlich ist der Pirat ein anerkanntes Jugendboot des DSV, und davon haben wir bis jetzt nur eins im Verein“, erklärte Jörg Leja.

 

Text und Foto von Jens-Uwe Wegner 

Nordkurier | Müritz-Zeitung am 06.11.2020

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